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Vom Globetrotter zum Invaliden




- Vom Globetrotter zum gehbehinderten Vollinvaliden -

02.01.2002 - An einem schönen, sonnigem Wintertag verbringen wir mit der Familie samt Enkelchen einen Rodelnachmittag. Während die Kleine gerade den Schlitten für die nächste Tour richtet, rutsche ich plötzlich aus dem Stand heraus mit dem rechten Bein auf einer glatten Stelle aus, drehe wie eine Ballerina eine Pirouette, wobei jedoch mein linkes Standbein auf einer trockenen Stelle stumpf stehen bleibt. Folge: Es kracht laut vernehmlich, ich stürze mit starken Schmerzen zu Boden, unfähig überhaupt noch aufzustehen....

ca. 15:00 Uhr, Verbringung mit dem Rettungswagen ins Unfall - Krankenhaus in X.

Diagnose: Distale Tibiaschaft,-u. Fibulafraktur mit Syndesmosensprengung.
Auf Deutsch, vereinfacht gesagt: Schienbein,- und Wadenbeinbruch

03.01.2002 -O.P. Fibula osteosynthetisch versorgt. Tibia (Schienbein) blieb "unversorgt"...!??
Halbgipsschale - Entzündung der Narbe....,starke Schmerzen,
Schwestern lockern fast 2 Wochen lang immer wieder den Verband, damit das Bein in eine etwas schmerz- lindernde Lage gebracht werden kann.

14.01.2002 - Nach fast 2 Wochen wird bei der Visite trotz immer noch geschwollenem Bein von Dr. Schw. Vollgips mit Sichtfenster angeordnet.Auf die Frage, ob das Bein nach dem Abschwellen im Gips nicht zu viel Spielraum haben könnte, entgegnete er: "Dann bekommen sie eben einen neuen Gips." Ca. 1 Stunde später im Gipsraum hieß es: "Sie glauben doch nicht im Ernst, daß wir diesen teuren Gips vorzeitig wechseln" Originalton Gipsarzt.

19.01.2002 - KH - Entlassung

04.02.2002 - Wegen starker Schmerzen wird ein 2. Fenster in Gips geschnitten.....,Stark geschwollen

21.02.2002 - Nach 7 Wo. ordnet Dr.S. Gips-Entfernung an, dickes Bein, bunte Stellen werden sichtbar.
Als der "Gips-Arzt" den Chefarzt dazu holen will, hat der gerade im Nebenraum seine Sprechstunde beendet und geht nach Hause, ohne noch einen Blick aufs Bein zu tun!

22.02.2002 - Sofort zum Hausarzt Dr.Sch.- KG- u. Lymphdrainage verordnet bekommen!

08.03.2002 - Chefarzt u. Operateur Dr. S. sieht zum ersten Mal das lädierte Bein (ohne Gips) und erklärt es sofort zur "Chefsache". Ab sofort Kompressionsverband,-o.Strumpf nach der Lymphdräinage. "Warum hat Ihre Krankengymnastin das nicht gemacht?" (Gute Frage) Beim Betrachten der Röntgenbilder runzelt er nur die Stirn.

15.03.2002 - Die Krankengymnastin im KH diagnostiziert als erste mir gegenüber einen Schiefstand und sofort war ein Orthopäde zur Stelle, Einlagen bekommen..

04.04.2002 - Noch stärkere Schmerzen....im Bereich der Nägel. "Sind da Nägel drin ?" fragt erstaunt die Krankengymnastin, u.wirft einen geübten Blick auf die Röntgenbilder...!

11.04.2002 - Nägel werden bei Lokal -Anästhesie brutal im K.H. durch Dr. L. entfernt..ohne Assistenz Der Arzt hatte riesige Probleme, die Nägel mit der Zange in den Griff zu bekommen... er rutschte immer wieder ab...es war ein Blutbad "Hätten besser Vollnarkose gemacht,... Gehts noch? Ich spritze nochmal Betäubung nach...oder soll ich aufhören?" Obwohl ich das ganze Dilemma live und am Monitor miterleben mußte, habe ich als Patient ihn als Arzt ermuntert, weiter zu machen...ich wollte es hinter mir haben...und er tat mir ein wenig leid!

22.04.2002 - Fäden gezogen,.. weiterhin KG u. Lymphdrainage.

24.05.2002 - Wegen starker Schmerzen beim Auftreten, besonders beim Entlasten in ambulanter Sprechstunde im KH - X. bei Oberarzt Dr. L.: "Ist alles fest..!"
Es war für mich als Techniker unvorstellbar, wie dieser Arzt durch bloßes hin,- und herziehen des unteren Beines mein Körpergewicht von fast 2 Zentnern nachsimulieren will, um dann zu dieser Aussage zu kommen.

07.06.2002 - Nach 3 Wochen weiterer Schmerzen,beim Chefarzt Dr. S.: "Könnte sein, daß es doch noch nicht ganz fest ist...aber wir beide machen das schon"..... MIR REICHTS !!

10.06.2002 - Beim Hausarzt Dr. Sch.....lasse ich mir eine Überweisung zum Orthopäden geben,

12.06.2002 - Hole persönlich meine Röntgenbilder v. KH - X. um damit beim Orthopäden Dr. K. vorstellig zu werden. Seine Meinung: "Warten sie noch ein paar Wochen, dann hören die Schmerzen auf." (auch diese Aussage kam mir so bekannt vor)...

13.06.2002 - Unerwarteter Anruf von Chefarzt Dr. S. (Operateur) " ... habe gehört, daß sie die Röntgenbilder geholt haben... biete ihnen neue O.P. an, wenn wir die Schrauben am Wadenbein rausholen, mache ich ihnen eine Platte an's Schienbein". Auf meine Frage, warum er das nicht sofort im Januar mitgemacht habe ,bekam ich die Antwort: "Aus kosmetischen Gründen wollte ich ihnen die 2. Narbe ersparen."

Klingt in meinen Ohren heute wie reiner Zynismus,nach meinem jetzigen Leidensweg!

Nur verständlicherweise ist mein Vertrauen in diesen Mann nicht mehr vorhanden weiterhin Schmerzen.... verschriebene Medikamente : Voltaren,..Diclo KD 75 u. Diclo 100 Ibuprofen 400,...Tramadol Tropfen

21.11.2002 - Orthopäde Dr. K....hat sich mitChefarzt Dr.S. kurzgeschlossen....neue O.P. erforderlich.

Hole mir jetzt sog. Zweitmeinungen ein:

02.12.2002 - Prof. K. privat.UniKlinik Y, OP- Vorschlag:13 °-Span aus Hüfte einsetzen u.Platte, etc..

09.12.2002 -Chefarzt Dr. W. - KKH - Z

10.12.2002 - vormittags - Dr. W. , Schichtaufnahmen - Dr. W. noch nicht alles durchgehärtet.. O.P. - Vorschlag mit Hüftspan von 13°,... exakt wie von Prof. Dr. K.

10.01.2003 - Dr. W., - O.P.- Termin für Mo. 14.01.2003

14.01.2003 - Neue O.P. im KH.- Z. Chefarzt Dr. W.

Korrigierende Openwedge Osteotomie mit Spaninterposition und Plattenosteosynthese.
Teilbelastung nach Ablauf 8. Woche

19.03.2003 - 09.04.2003 AHB - Reha in Bad XXX, BfA

07.05.2003 - Orthopäde Dr. K. stellt bein Röntgen eine Verschiebung fest u. überweist direkt zurück zum Operateur ChefarztDr. W.

09.05.2003 - Dr. W........., geringe Recurvation... in ca. 2 Wochen die Krücken endgültig weglassen. Die Kombination zwischen Platte u. dorsaler Muffe ist seiner Meinung nach ausreichend für eine Vollbelastung.

28.07.2003 - Neue Röntgenaufnahmen.....

"Es ist jetzt zu einem Schraubenbruch gekommen",..(.bei über 10 Kg Gewichtsverlust??) lt. Dr. W. "Abscherung der Schraubenköpfe.....durch die leichte Lockerung." (später stellt sich heraus: Köpfe sind nicht abgeschert, sondern weiter mittig gebrochen)

"Die Indikation zur Re - Osteosynthese mit einer winkelstabilen Montage ist gegeben. Zwischenzeitlich kann der Patient im Rahmen des Machbaren belasten....einen neuen stationären Aufnahmetermin habe ich für den 08.10.2003 vereinbart."

Daraufhin erneute Einholung sog. Zweitmeinungen von div. Fachärzten:

05.09.2003 - Dr.R. in X..... ( Unfallchirurg )

"Hätte primär anders gemacht werden müssen.!"

10.09.2003 - Dr. F. in F.....(Unfallchirurg)

"2. O.P. nicht gut geworden.!"

17.09.2003 - Klinik -Be....in Y..

"Marknagel geht schlecht, da abgebrochene Schrauben im Knochen den Weg versperren,Größere Platte wäre nötig, aber sofort operieren.!"

17.09.2003 - Prof.Dr. K. Uni-Klinik Y..

"Vorschlag: Entfernung aller Platten und Schrauben - Marknagel scheint die beste Lösung zu sein. Auf die Frage ob die Restschrauben nicht dem Marknagel im Wege seien antwortete Prof. K.: "Wenn der große Marknagel kommt, gehen die schon an die Seite...!"

Habe mich dann für diesen Vorschlag des Prof. K. entschieden.

22.10.2003 - 3. O.P Uni-Klinik-Y.., jedoch wurde mir dann kurz vor der O.P. mitgeteilt, daß der Marknagel nicht zum Einsatz kommen wird, da es dort Probleme mit den abgebrochenen noch vorhandenen Schrauben geben würde, die im Wege sind !..???

Also wird nun genau wie von den anderen Kollegen offeriert wieder,eine Platte eingebaut!

Habe mir dabei die rausoperierte Platte(von 2. OP) samt Schrauben u. Bruch sichern lassen. Hierbei stellt sich raus, daß die Schrauben nicht an den Köpfen abgeschert, sondern 1 cm weiter , also im Knochenbereich gebrochen sind; die Reststücke von ca. 3 cm bis zum heutigen Tage im Knochen verblieben.

Erst nach der O.P. habe ich erfahren, daß mein sperrendes Wadenbein durchgesägt wurde, da es sowieso keine Bedeutung habe.

(lt. Prof. K.: "Gerd Müller hat damals mit gebrochenen Wadenbein ein Tor geschossen.")

Es könnte sein, daß es wieder zusammenwächst, eher aber unwahrscheinlich.

Eben auch dieser Bereich bereitet mir bis heute Schmerzen.

31.10.2003 - Entlassung - Klinik - Y..

05.11.2003 - 03.12.2003 Reha - Bad XXX

Weiterhin Krankengymnastik 3 x wöchentlich bis Mitte Mai.
Weiterhin Schmerzen in allen O.P. Bereichen und darüber hinaus.
Besonders starke Schmerzen nach Vollbelastung im Bereich desdurchtrennten Wadenbeines.

14.01.2004 - Klinikum Y.. Ambulante Vorstellung bei Prof. K. : Ab Anfang Februar evtl. voll belasten.

16.02.2004 -Klinikum Y.., Starke Schmerzen... Diagnose : Muskelhernie ( Muskelabriss )

11.03.2004 - 4.-O.P. Fasziennaht

NACH CA. 2 WOCHEN ERSTMALS VOLLBELASTUNG MÖGLICH. GOTT SEI DANK.........

17.03.2004 - Vorladung zum Gutachten im KH .in X...

18.03.2004 - Gutachter ruft mich an und empfiehlt mir zwingend die Gehhilfen (Krücken) wieder zu benutzen. "Am besten, sie holen sich die neuen Röntgenbilder und fahren zur Uni zu ihrem Professor", die Knochenenden heilen nicht zusammen, es hängt alles nur an den Schrauben... ".eine erheblich deutliche Unterbrechung der Knochenstruktur im Sinne eines Knochendefektes.
Hier ragt eine Schraube durch die Platte in den Defekt hinein....
Die Beinverkürzung liegt jetzt bei 4 cm...wahrscheinlich weitere O.P. erforderlich, wobei ein Erfolg jedoch ungewiss ist."

FÜR MICH DER ABSOLUTE TIEFSCHLAG.

23.03.2004 - Um mir die ca. 280 Km Hin-u. Rückfahrt zur Uni-Klinik Y.., zu ersparen habe ich die Röntgenbilder digitalisiert und dem Prof.Dr.K. zur Stellungnahme gemailt. Promte Antwort: "Sie können weiterhin wie besprochen belasten."

24.03.2004 - Fäden ziehen lassen beim Hausarzt

04.05.2004 - Vorladung zum Gutachter des Versorgungsamtes XX; Dr. W. in XX

12.05.2004 - Bescheid des Versorgungsamtes : Feststellung der Schwerbehinderung.

03.06.2004 - Vorladung zum Vertrauensarzt der BfA; Orthopäde Dr.M .in X.
"Erneute 5.- O.P. wird wahrscheinlich unumgänglich sein."

04.06.2004 - Vorladung zum Vertrauensarzt der BfA; Neurologe Dr. W. in XX

30.07.2004 - Rentenbescheid der BfA wegen voller Erwerbsminderung
Meine monatliche Früh- EU - Rente beträgt ,(obwohl seit dem 15. Lebensjahr in der Rentenversicherung ) nach Abzug von Kranken- u. Pflegeversicherung ca. 1/3 des normalen Sozialsatzes in der Bundesrepublik.

Streng genommen bin ich nach dieser O.P.- Odyssee ein Sozialfall geworden.

Einhellige Meinung aller von mir konsultierten Fachärzte: Primärer Behandlungsfehler
Bei einer sofortigen Mitversorgung des Schienbeines z.B. mit Plattenosteosynthese während der 1.OP wäre ich nach spätestens 6 Monaten wiederhergestellt gewesen; und alle unnötigen Operationen und Torturen wären mir erspart geblieben1

Nov. 2004 Die Schmerzen sind mir übrigens bis zum heutigem Tage erhalten geblieben...



Resümee einer mittlerweile 3 jährigen Odyssee

4 Operationen, davon 3 Korrektur O.P.s an Waden-, und Schienbein nach Schiefstand und Schraubenbrüchen.

2 Reha - Maßnahmen, mit anschl. monatelanger Krankengymnastik


Verbliebene "Nebenwirkungen":

  • Ein linkes Bein, welches nicht mehr zusammen wachsen will
    Zusammengehalten mittels 2 Stahlplatten mit 22 Schrauben in Waden, - und Schienbein
  • Totaler Schiefstand des Beines
  • Durchgetrenntes Wadenbein
  • Abgebrochene 3 cm lange Schrauben, die im Schienbein verbleiben
  • 4 cm Beinverkürzung, Einlagen tragen, Schuherhöhung
  • Daraus resultierende starke Rückenschmerzen
  • Dauerschmerzen im Bein, O.P.- Plattenbereich
  • Ohne Schmerzmittel nichts mehr möglich
  • Rechts Bein durch 2 ½ Jahre Überbelastung geschädigt,
  • im Achilles, - Knie, - und Fußgelenkbereich krampfhafte, bzw. .Stromstoßartige Schmerzen
  • Nachts Restless - Leg - Syndrom an beiden Beinen
  • Schlafentzug.... Teilweise nur 1 - 2 Stunden Schlaf
  • Keine Energie mehr, Keine Nerven mehr
  • Kann keine 100 m am Stück mehr gehen
  • Starke Einschränkung an der Teilnahme am öffentl., kulturellen Leben
  • Bin in vielen Fällen Bittsteller, z. B. da ich es nicht wagen kann, etwas anzuheben
  • Meine bessere Hälfte muss alle Arbeiten im Haus und Garten alleine bewältigen
    Auch für eine gute Partnerschaft eine wahnsinnige Belastungsprobe
  • Lebe jede Sekunde mit der Angst: Hoffentlich halten dieses Mal die Schrauben
  • Physisch und Psychisch fast am Ende
  • Offiziell Schwerbehindert; vorzeitig Invaliden-Rentner

Genau genommen bin ich durch diese Operationen- Odyssee zum Sozialfall geworden!!

Fazit: Als Landschaftsmaler bin ich durch einige Länder gereist, z.B. durch Kanada, Alaska, USA, natürlich auch Europa, insbesondere auch durch unser eigenes schönes Land. Bin in die entlegensten schönen Winkel gewandert, um dort zu malen.
Selbst im Winter habe ich draußen vor Ort die weiße Pracht in Bilder umgesetzt.
Jetzt kann ich gerade nicht mal mehr 100 m mit meinem Malgepäck gehen.
Kann eigentlich nur noch von Plätzen aus agieren, die mit dem Auto erreichbar sind.... und die sind mit Sicherheit nicht mehr das, was für mich "Gottes freie Natur" ausmachte! Kann meine Kreativität nicht mehr umsetzen.

Allein durch diese Eingrenzung ist mir der "Hauptteil meiner Lebensqualität und natürlich auch meiner Existenz" abhanden gekommen!

Anmerkung: Als ich im letztem Herbst ein Plakat von meinem DIA-Vortrag über die
"Abenteuertour USA,- 40.000 km durch 30 Staaten Amerikas" am Campingplatz aushängen wollte, lernte ich "Geoffrey" kennen. Im Gespräch ließ ich dann auch verlauten, dass ich solche Touren aufgrund meines vermurksten Beines wohl niemals mehr machen könne. Daraufhin gab er mir den Tipp mit dem Privaten Netzwerk Medizingeschädigter dessen Mit-Initiator er selber ist.

Nachdem ich mir das im Internet angesehen habe, kann ich hier nur ein riesiges Kompliment

für den couragierten "Geoffrey" und seiner Mitstreiter aussprechen.

Mir selber hat es den Rücken gestärkt mich zu wehren,

weil ich jetzt auch weiß, dass ich ( leider ) nicht alleine bin!

Norbert S.

Vom Globetrotter zum Invaliden


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