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Dieser Arzt kann uns nicht trennen


Welt am Sonntag vom 14. April 2002

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"Dieser Arzt kann uns nicht trennen"

Ein 42-jähriger Kaufmann zeigt den Chef der Frauenklinik Suhl wegen fahrlässiger Tötung seiner Ehefrau an. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben

Welt am Sonntag "Wams" vom 14. April 2002

Von Freia Peters

Keck guckt Anja vom Sideboard über dem Schreibtisch. "Sehen Sie diesen Schalk in den Augen?" fragt Elmar K., ihr Ehemann. "Immer wenn mich der Mut verlassen will, sehe ich ihre Augen blitzen. Jaja, sag ich dann. Ist ja gut. Ich mache ja weiter." Anderthalb Jahre ist es her, dass Anja K. gestorben ist. Sie war 36 Jahre alt. Acht Gutachten sind seitdem über die Ursache ihres Todes von den Behörden beantragt worden. Von der Krankenkasse, der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtsfragen, der Staatsanwaltschaft. Sie alle attestieren dasselbe: Wäre Anja anders behandelt worden, würde sie heute noch leben. Elmar K. erstellte nun Anzeige wegen fahrlässiger Tötung gegen Ulrich R., Chefarzt der Frauenklinik in Suhl, Thüringen.



Spätsommer 1996. Kurze Zeit nach der Hochzeit von Anja und Elmar K. kündigt sich Nachwuchs an. In der siebten Woche der Schwangerschaft stellt die Frauenärztin eine Infektion fest. Anja K. wird ins Klinikum Suhl eingeliefert, wo sie Antibiotika bekommt. Am 6. Januar 1997 wird sie entlassen. "Alles in Ordnung mit ihrem Kind", bestätigen ihr die Ärzte. Bei einer Untersuchung am 23. Januar kann die Frauenärztin beim Kind keine Herztöne mehr finden. Eilig fahren die beiden erneut in die Suhler Klinik. Dort erwartet sie die traurige Bestätigung: ihr Kind ist tot.



Zu diesem Zeitpunkt ist Anja K. im sechsten Monat. Sie bittet um einen Kaiserschnitt. Doch die Ärzte raten ihr, das Kind auf natürlichem Weg zu bekommen. Das erhöhe die Chance einer erneuten Schwangerschaft. Vier Tage liegt Anja K. mit dem toten Baby im Bauch auf der Station. Am Morgen des 27. Januar wird endlich die Geburt eingeleitet. Ein paar Stunden später verspürt die junge Frau einen heftigen Druck im Unterleib. Sie geht ins Bad, das tote Kind rutscht in die Toilette.



Schlimme Schmerzen in Rücken- und Bauchbereich plagen Anja K. in den Tagen nach dem Abort. Trotzdem wird sie am 31. Januar entlassen. Besorgt erkundigt sich ihr Ehemann beim Stationsarzt, wie er sich jetzt verhalten soll. Am besten, sagt der Arzt, suchen sie beide Hilfe bei einem Psychologen. Ratlos begleitet Elmar K. seine Frau nach Hause. Dort liegt sie nur noch auf dem Sofa, kann keinen Happen zu sich nehmen. Einen Tag später bricht sie zusammen. Der Rettungswagen bringt sie wieder in das Klinikum Suhl. In der Notaufnahme wird sie in den Flur gestellt. "Bekannte Psychose nach Totgeburt", entdeckt Elmar K. auf einem Zettel neben dem Bett. Nach hartnäckigem Fragen wird Anja K. vom Chefarzt Dr. Ulrich R. persönlich untersucht. Ein bisschen wundern tut sich Elmar K. schon, warum der Kopf seiner Frau untersucht wird, wo doch der Magen so schmerzt. "Ihre Frau ist organisch gesund, es ist eine Wochenbettpsychose", lautet die Diagnose. Elmar K. ist zunächst erleichtert. "Das kriegen wir wieder in den Griff", denkt er sich.



Um 2.30 Uhr bekommt er einen Anruf, dass seine Frau noch in der Nacht in die Psychiatrie nach Hildburghausen verlegt wird. Am nächsten Morgen findet er sie dort in einem Gitterbett, von innen keine Klinke im Zimmer. "Ich hab so schlimme Schmerzen, ich kann nicht mehr!", flüstert ihm seine Frau ins Ohr. Der zuständige Psychologe versichert Elmar K., dass es sich "garantiert" nicht um eine Wochenbettpsychose handelt. Im medizinischen Bericht wird er hinterher lesen, dass der Entzündungsparameter im Blut seiner Frau um ein hundertfaches angestiegen ist. Der sogenannte CRP-Wert liegt bei 474,5, der Grenzbereich bei 5,0. Das Gutachten von Dr. Ulrich R., bestätigt hingegen eine "eindeutig psychologische Symptomatik".



Noch am selben Tag wird Anja K. in das Kreiskrankenhaus Hildburghausen eingeliefert. Der Chefarzt dort macht endlich einen Ganzkörpercheck und ordnet sofort eine Not-Operation an, bei der dreivier-tel des Dünndarms entfernt werden müssen. Das Organ war nicht mehr mit Blut versorgt, das Gewebe war dabei, sich aufzulösen, weil eine Arterie verstopft war, die die Blutzufuhr regelt. Nach der vierstündigen Operation wird Anja K. mit dem Hubschrauber in ein größeres Krankenhaus, das Waldklinikum Gera verlegt. Es folgen sieben weitere Operationen. Nach zehn Wochen in Gera, davon sechseinhalb Wochen im Koma, darf Anja K. wieder nach Hause.



In den nächsten zweieinhalb Jahren folgen circa 230 Arztbesuche. Zahlreiche Folgeerkrankungen plagen die junge Frau: Rheuma, Tinitus, drohendes Multiorganversagen. Anja K. ist jetzt zu 90 Prozent schwerbehindert, der linke Ellenbogen und das rechte Knie sind gelähmt. "Ohne dich wäre ich schon längst kaputtgegangen, Jogi", nennt sie ihrem Mann beim Kosenamen und versucht, sich ein Lächeln abzuringen. Doch das Morphium hilft nicht mehr, die Schmerzen lassen kaum noch einen unbeschwerten Moment zu.



Am 10. August 2000 erkennt der Chef des Meininger Krankenhauses, dass das übriggebliebene Darmgewebe auch erkrankt ist und sich neue Trombosen, also Blutgerinsel gebildet haben. "Nur noch eine Dünndarmtransplantation kann ihre Frau retten." Anja K. kommt auf die Warteliste in Jena. Doch bevor sich ein Spenderorgan findet, stirbt sie am 10.Oktober 2000.Zusammen mit einem anderen Betroffenen gründete Elmar K. das "Private Netzwerk Medizingeschädigter". "Das ist mein neuer Lebensinhalt. Anja soll nicht umsonst gestorben sein. Ärztefehler sind das bestgehütete Geheimnis in Deutschland", ist er sicher. Eine umfassende Statistik über medizinische Behandlungsfehler in Deutschland gibt es nicht.



Im Fall von Anja und Elmar K. hat die Staatsanwaltschaft Meiningen Anklage erhoben. Nun prüft das Amtsgericht Suhl. Auf fahrlässige Tötung steht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Der beschuldigte Dr. Ulrich R. will zu dem Thema nichts sagen. "Er ist nervlich zu angegriffen", sagt sein Anwalt Peter Aßmann. "Die Gutachten sind inhaltlich falsch und unzureichend. Es wurde schludrig recherchiert."



Elmar K. kämpft für Gerechtigkeit. Auf Anjas Grabstein hat er meißeln lassen: "Dieser Arzt kann uns nicht trennen. Wir sehen uns wieder. Dein Jogi."



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