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Einstelldatum: 18.08.2008

OP für eine Studie

Nach Einsichtnahme konnte ich feststellen, dass wohl auch die tgl. Berichte später geschrieben wurden. Also milde ausgedrückt anders schriftlich fixiert wurden, als es sich wirklich zugetragen hatte.



OP für eine Studie

Im Jahre 1993 steckten viele laparoskopische Op`s in Deutschland noch in den "Kinderschuhen"; dass die der Bauchspiegelung mit gleichzeitiger Behebung eines Leistenbruchs gerade als Studie lief, war mir nicht bekannt.

Nach amb. Untersuchung Ende 92 in einem Krankenhaus empfahl mein Hausarzt, dass eine Leistenbruch-OP wohl die Ursache meiner Bauchbeschwerden beheben würde. Vorher wurde bereits einmal röntgenologisch eine Subileussituation festgestellt (ich hatte fast tgl. Situation des drohenden Darmverschlusses). Im Vorgespräch zur OP Anfang 1993 in demselben Krankenhaus wurde mir erklärt, dass man schon seit langem diese Operationen per Laparoskop vornimmt; der Vorteil sei, ich könne schon nach 8 Tagen wieder arbeiten. Ich hinterfragte auch alle negativen Aspekte solcher OP, diese wurden als unwichtig abgewiegelt, vielmehr wäre eine Schnitt-OP risikoreicher. Also willigte ich ein.


Ich wurde operiert - ein Netz eingebracht, mit 4 Metallklammern blickdicht befestigt - und wie mein Mann mich am OP-Tag abends besuchte, soll ich immerzu vor Schmerzen geschrieen haben. Auf Nachfrage erhielt er zur Antwort, da sei nichts, ich bin wohl zu schmerzempfindlich und der aufgetriebene Bauch kommt davon, weil er zur OP mit Gas aufgefüllt sei. Am nächsten Tag war Visite, ich war ab Brust bis über beide Oberschenkel dunkelblau. Der Operateur meinte, da sind ein paar kleine Blutergüsse. Meine riesigen Schmerzen wurden ignoriert, ich konnte das Bein nicht anwinkeln usw. So wurde ich nach ca. 8 Tagen entlassen. Wenn etwas wäre, sollte ich kommen.


Zu Hause war ich für rd. 10 Tage eigentlich ein "Pflegefall", denn ich konnte mich nicht allein versorgen, also weder zur Toilette gehen noch mich anziehen. Nachbarn wechselten sich in der Pflege ab, so lange mein Mann zur Arbeit war. In dieser Zeit wurde immer wieder, manchmal 3 x tgl. der "Notarzt" gerufen, wenn ich mit dem Kreislauf zusammenbrach. Einige blieben gleich in der Tür stehen und fragten, ob ich drogensüchtig sei, etliche Male wollte man mich wieder in dieses Krankenhaus einweisen. Das wollte ich nicht, denn ich fühlte mich dort nicht gut betreut. Der Hausarzt war bestürzt, später, nach Einschaltung eines Rechtsanwaltes dann aber gar nicht mehr kooperativ und wir ärgerten uns im Nachhinein, dass wir den "Zustand" nicht fotografiert hatten. Dann bekam ich einen Anruf, ich sollte zur Nachkontrolle kommen. Das nahm ich wahr, ich wollte klären lassen, warum es mir so schlecht ging. Außer Begutachtung - nichts.


Knapp 4 Wochen nach OP erhielt ich die Anästhesie-Rechnung. Feststellung: aus der halbstündigen OP waren über 3 Std. geworden. Ich rief an und hinterfragte, was da während der OP schief gelaufen war. Der Anästhesist verabredete sich mit uns auf dem Klinikgelände. Da mein gesamter Bauchraum voller Verwachsungen von mehreren vorangegangenen OP war, hätte die OP abgebrochen werden müssen. Das wollte der Operateur aber nicht und man ging mit Gewalt durch die Verwachsungen. Hierbei kam es zu Verletzungen im Bauchraum und auch das Herz-Kreislaufsystem war betroffen. (Auf dieses Gespräch könne ich mich aber nie berufen, das ist nur für meine Info.)

Ich wollte meine Krankenakte einsehen und wurde von der Sekretärin darüber informiert, dass ich doch dieser Studie mit meiner Unterschrift zugestimmt hätte, deshalb sei die Akte nicht da. Ich hatte nie einer Studie zugestimmt, schon gar nicht unterschrieben, das betonte ich ihr gegenüber. Sie konnte das Blatt mit meinem schriftlichen Einverständnis auch nicht finden. Danach ging ich nochmals zu einer Begutachtung und wollte klären lassen, warum ich mein Bein immer noch nicht anwinkeln/beugen kann und die Schmerzen so unerträglich sind, nun war keiner mehr für mich zuständig.

Ich schaltete die Patienteninitiative und einen RA für Patientenrechte ein. Die Akte wurde angefordert und kam über Monate nicht. Die Patienteninitiative hatte die Absicht, vorm Senat ein Gesetz durchbringen zu lassen, dass eine Studie jedes Mal nur genehmigt wird, wenn das Krankenhaus sich verpflichtet, hierzu jeweils pro Patient eine Unterschrift einzuholen.. Bis dato war es wohl so, dass eine Studie genehmigt wurde, wenn sie ethisch gerechtfertigt war. Wenn dann seitens einzelner Patienten keine Unterschrift vorlag, konnte es nicht unbedingt strafrechtlich verfolgt werden. Auf jeden Fall war die Rechtslage wohl sehr schwammig.


Meine Schmerzen ließen nicht nach und so suchte ich im Juni 93 ein anderes Krankenhaus auf. Nach der Untersuchung sagte man im Beisein meines Mannes, der Leistenbruch ist immer noch vorhanden. Näheres könnte man nur bei einer OP sehen, man wolle aber noch die Unterlagen anfordern. Wiedervorstellung sollte 2 Wochen später sein. Da ich hier großes Vertrauen hatte, ging ich leider ohne Zeuge hin. Man hat mit Engelszungen auf mich eingeredet, dass ich nichts habe usw. Es wurde immer auf die Akte geschaut, dann auf mich, bis ich "explodierte" und die Akte an mich genommen habe. Es war gar nicht die OP-Akte. Man erklärte mir, man hätte miteinander telefoniert, und wenn der Prof. ....... sagt, ich habe nichts, dann ist das glaubwürdig. Dann kam der Hinweis auf die Psychoschiene und ich hatte richtig Probleme ruhig zu bleiben, denn die ganze Zeit "wuselten" zwei Krankenschwestern im Besprechungszimmer herum; ich denke mal "Zeugen". Ich versuche, Emotionen hier herauszuhalten, obwohl es mir nach diesem Gespräch psychisch wirklich nicht mehr gut ging. Hatte der Anwalt also Recht als er sagte, ich solle versuchen, mir in einem anderen Bundesland Hilfe zu suchen.

Zurück auf der Arbeit sagte man mir, die Patienteninitiative hat angerufen und bittet um sofortigen Rückruf. Fakt nach Rückruf: Es haben sich mehrere Frauen dort gemeldet, die über dieselben Probleme/Schmerzen nach derselben OP in dieser Klinik klagten. Leider wollte sich keine dafür zur Verfügung stellen, dass sie namentlich für den Gesetzesantrag genannt wurden.


Im September 93 sind dann die Krankenunterlagen in Kopie beim Anwalt eingetroffen. Lt. dessen Schreiben hat er den Verdacht, das diese nicht vollständig sind und der OP-Bericht wohl im Nachhinein geschrieben wurde. "Beweise" führte er an. Näheres wurde dann besprochen. Nach Einsichtnahme konnte ich feststellen, dass wohl auch die tgl. Berichte später geschrieben wurden. Also milde ausgedrückt anders schriftlich fixiert wurden, als es sich wirklich zugetragen hatte. Der RA hat mit aller Schärfe bei der Klinikleitung dagegen protestiert und Kopie dieses Schreibens ging damals an den Senator .....


Ich habe keine Strafanzeige gestellt, was der RA nicht gut fand, die Angelegenheit wurde beendet. Hier ging ich mit der Patienteninitiative konform, denn ich wollte Hilfe und keinen weiteren "Stress". Die Patienten-Initiative kam mit Hilfe meiner persönlichen Daten mit der Gesetzesänderung durch.


Mein Problem war und ist damit natürlich nicht behoben und weitere Krankenhäuser und Ärzte stellten natürlich nichts fest. Dass ich kein normales Eheleben mehr führen konnte interessierte wahrscheinlich niemanden; ich wurde in diesem Zusammenhang auch schon mal als "frustrierte Alte in den Wechseljahren" betitelt und einen Kausalzusammenhang konnte ich natürlich nie nachweisen. Man steht dann ziemlich hilflos allein da.

Ich überspringe jetzt mal. Zehn Jahre später kam ich mit Einweisung in ein Krankenhaus, die auf solche "verpfuschte" Hernien-OP spezialisiert sind. Dort bestätigte man, das nach wie vor eine Hernie vorliegt, klärte mich aber darüber auf, dass in meinem Fall nur noch eine weiträumige Schnitt-OP gemacht werden kann, die schlimmere Schmerzen nach sich ziehen könnte, da hier wohl alles sehr "verwachsen" ist und Nerven geschädigt werden könnten. Bei Verschlimmerung der jetzigen Situation würde aber sofort operiert werden müssen, dann sollte ich dort vorstellig werden. Man kann gar nicht beschreiben, wie "glücklich" man für solche Ehrlichkeit ist und dass man im Notfall hier Hilfe bekommt.

Vielleicht hilft mein Bericht einigen "Lesern/Betroffenen" weiter, sollten sie einmal vor der Entscheidung zu dieser Form der OP stehen. Heute sind laparoskopische OP (Bauchspiegelung mit Hernien-OP) mit Ausnahmen gang und gäbe. Seit 2003 (und auch 2008) ist mir bekannt, dass diese nicht gemacht werden dürfen, wenn auch nur der leiseste Verdacht auf Verwachsungen im Bauchraum besteht. Diese können auch schon während einer Schwangerschaft entstehen oder bei Männern, wenn sie mal äußerlichen Druck auf den Bauch (z. B. Fahrrad- oder PKW-Unfall mit Aufprall auf das Lenkrad etc.) hatten. Hier soll immer nur eine Schnitt-OP angesagt sein.



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