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Medizinische Fehlbehandlung, verpfuscht?
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Pfusch-Brustkrebs
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Im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung tastete meine Frauenärztin am 15. 4. 1997 einen kirschgroßen Knoten links unten außen an der linken Brust.
Durch eine radiologische Untersuchung - Rastermammografie, Mammasonografie bestätigte der Radiologe den Knoten, und zwar mit einem Durchmesser von 10 mm. Beide Ärzte rieten zur sofortigen operativen Entfernung.
Ich wurde am 17. 4. 1997 in eine Klinik eingewiesen, durch den Chefarzt untersucht und am 18. 4. 1997 operiert. Er entfernte ein Gewebestück von 3 x 3 x 4 cm unmittelbar im Zentrum der linken Brust. In dem Gewebe fand sich nichts Bösartiges. Am 21. 4. 1997 wurde ich aus der Klinik entlassen.
Glücklich über diesen Verlauf verlebte ich mit meinem Mann einen dreiwöchigen wunderschönen Urlaub auf den Balearen.
Bevor ich am 20. 5. 1997 meinen ersten Arbeitstag nach dem Urlaub wieder antreten wollte, konnte ich erstmals die operierte Brust wieder abtasten, da sie jetzt wieder ziemlich schmerzfrei war. Voller Entsetzen stellte ich fest, dass der Knoten am Brustansatz, der mich am 17. 4. 1997 in die Klinik gebracht hatte, immer noch vorhanden war. Meine Frauenärztin, die ich sofort aufsuchte, war ebenfalls entsetzt. Sie regelte telefonisch einen Termin mit dem Chefarzt, der mich operiert hatte, zwecks Wiedervorstellung.
Nachmittags fuhr ich wieder zur Klinik. Zunächst bemerkte der Chefarzt zu der inzwischen eingezogenen Brustwarze: "Das darf eigentlich nicht passieren, aber manchmal ist sie eben dran." Der immer noch vorhandene Knoten wurde jetzt auch von ihm getastet und sonografiert, und zwar mit der Bemerkung: "Jetzt sehe ich ihn auch. Den Knoten halte ich für gutartig. Natürlich weiß man das erst, wenn man ihn heraus geholt hat, aber den Eingriff halte ich nicht für gerechtfertigt." In meinem Beisein teilte er dies auch meiner Frauenärztin telefonisch mit. Er riet zur Beobachtung.
Wieder bei meiner Ärztin bestand ich auf eine sofortige Operation, und zwar durch einen bestimmten Arzt meines Vertrauens.
Am 5. 6. 1997 fand diese zweite Operation in einer chirurgischen Praxis unter Vollnarkose statt. Der Knoten wurde entfernt, und die Brustwarze wurde korrigiert. Eine Schnellschnittuntersuchung war hier nicht möglich.
Am 12. 6. 1997 wurde mit das Ergebnis der histologischen Untersuchung mitgeteilt: invasives duktales Mamakarzinom. Das Loch, in das ich durch diese schlimme Nachricht stürzte, war unendlich tief.
Nun musste ich am 18. 6. 1997 ein drittes Mal operiert werden. Aufgrund der bereits überstandenen zwei Operationen, bei denen zumindest durch den ersten Operateur ein sehr großes Gewebestück entfernt worden war, rät der Chirurg zur Entfernung der gesamten Brustdrüse mit gleichzeitigem Sofortaufbau durch ein Silikonimplantat. Gleichzeitig wurden in der dreieinhalbstündigen Operation die Lymphknoten in der linken Achselhöhle entfernt.
Weder in dem entfernten Gewebe noch in den Lymphknoten wie auch bei den vielen Folgeuntersuchungen wurde zum Glück nichts Bösartiges gefunden. Mitte Juli war ich endlich wieder zu Hause, wo ich mich psychisch und physisch erst einmal wieder fangen musste.
Am 23. 10. 1997 wandte ich mich an die Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen der Ärztekammer mit der Bitte um Prüfung, ob ein ärztliches Fehlverhalten des Chefarztes (1. Operateur) vorliegt. Im Juli 1998 erhielt ich das Gutachten der Kommission. Zwei Gutachter haben unabhängig voneinander festgestellt, dass dem Chefarzt - bezogen auf meine Wiedervorstellung - ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Er hätte sofort nachoperieren müssen. Seine Sorgfaltspflicht habe er auch damit verletzt. Die Gutachterkommission kam damit zu dem Fazit, dass mir zumindest ein Schmerzensgeld zustehe.
Mit diesem Ergebnis dachte ich, die besten Voraussetzungen dafür zu haben, ein Schmerzensgeld von dem Chefarzt erlangen zu können.
Über meinen Anwalt versuchten wir es in einem ersten Schritt gütlich. Ausgehend von bereits entschiedenen vergleichbaren Fällen, verlangte mein Anwalt einen Betrag von DM 120.000,--. Die Haftpflichtversicherung zahlte spontan, aber nur DM 5000,--. Das konnte ja wohl so nicht richtig sein. Deswegen wurde im Juli 1998 eine Schmerzensgeldklage in erster Instanz eingereicht.
Außerdem stellten wir Strafanzeige gegen den Chefarzt, und zwar wegen Körperverletzung und Urkundenunterdrückung. Denn erstaunlicherweise gab es in meiner Krankenakte keine Aufzeichnung über meine Wiedervorstellung bei dem Arzt im Mai 1997 (so die Feststellung der Gutachter von der Gutachterkommission.
Das Landgericht hat das Ermittlungsverfahren gegen den Chefarzt, da dieser bisher nicht einschlägig auffällig geworden war, mit der Auflage eingestellt, dass er 5000,-- DM an einer Kinderhospiz zu zahlen habe (was auch geschah).
Weiterhin hat das Landgericht das Gutachten der Gutachterkommission vollkommen ignoriert. Es schaltete eine eigenen Gutachter (leitender Gynäkologe einer Klinik, nennen wir ihn Prof. Serie) ein, der in seinem Gutachten zu dem folgenden Fazit kam: der Chefarzt habe keinen Fehler gemacht, er habe zwei Mal glücklos agiert, mit der Patientin nicht ausreichend kommuniziert, aber alles bestens dokumentiert. (inzwischen waren die Aufzeichnungen in meiner Krankenakte komplett.)
Am 29. 8. 2000 kam es vor dem Landgericht zur Verhandlung. Der Richter bezog sich natürlich auf das Gutachten von Prof. Serie und betonte, dass dem Chefarzt kein Fehler unterlaufen sei, er habe nur zwei Mal bei seiner Behandlung kein Glück gehabt. Dann richtete er das Wort an mich: "Bitte fassen Sie es nicht als persönliche Beleidigung auf, die Gegenseite ist bereit, noch etwas drauf zu legen; es ist wenig: DM 5000,--."
Ich habe abgelehnt und betont, dass ich Berufung einlegen werden. Darauf kam seitens des Richters die folgende Einschüchterung:" Überlegen Sie sich das gut. Das Oberlandesgericht wird sich auf den Gutachter Prof. Serie beziehen und deswegen zu keinem anderen Ergebnis kommen. Daher kommen nur Kosten auf Ihre Rechtsschutzversicherung zu."
Am 17. 10. 2000 wurde mir das Urteil des Landgerichtes zugestellt: Klage auf Schmerzensgeld wird zurückgewiesen; Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Am 15. 11. 2000 habe ich Berufung beim Oberlandesgericht gegen dieses Urteil eingelegt.. Im Januar 2001 erhielt ich schon die Vorladung zum Berufungstermin am 6. 6. 2001.
Zwischendurch habe ich den Kontakt zum Fernsehen gesucht. Der Sender interessierte sich sehr für meinen Fall und hat am 15. 2. 2001 abends gegen 19.00 Uhr einen tollen, sachlichen 8-minütigen Beitrag gebracht, in dem unter anderem meine Intention, an andere evtl. Betroffene zu appellieren, sich nicht nur auf das Urteil eines einzelnen Arztes zu verlassen, sehr gut herüber gekommen ist.
Zu der Berufungsverhandlung hat mich der Fernsehsender auch wieder begleitet. Neben dem Chefarzt war auch der Gutachter Prof. Serie geladen. Es wurde eine zweistündige Verhandlung. Die Kommentare von Prof. Serie zu seinem Gutachten waren eine einzige Zumutung. Die Äußerungen der Richter aber genau so:
Auf die Frage des vorsitzenden Richters, ob Prof. Serie auch schon mal vorbeigeschnitten hätte, äußerte dieser: "Aber natürlich, das ist das Gesetz der Serie!“ Ein weiterer Kommentar von Prof. Serie: "Man muss eben wissen, die Brust einer Frau ist ein quabbeliges Gebilde, da kann ein Knoten schon mal da oder da sein, je nachdem ob die Frau steht, sitzt oder liegt."
Mein Vorwurf, dass der Chefarzt mein Leben aufs Spiel gesetzt hat, weil er mich mit dem Tumor einfach in die Beobachtung geschickt hat, wurde von den Richtern mit der Bemerkung zurück gewiesen, ich habe es doch selbst gerichtet; denn ich habe ja auf die sofortige zweite Operation bestanden.
Mit den folgenden Worten schloss dann der Richter die Verhandlung: Es tut mir leid, Sie haben ja sehr viel mitgemacht. Wir müssen das aber juristisch bewerten. Ich denke, Sie haben einfach Pech gehabt.
Auf dem Weg vom Oberlandesgericht nach Hause hörte ich dann bereits im Rundfunk: Berufungsklage zurückgewiesen.
All das hat der Fernsehsender einen Tag später dann auch wieder in einem guten Beitrag im dritten Programm in der Aktuellen Stunde gebracht, worauf doch viele Reaktionen von Zuschauern eingegangen sind - das einzige Erfreuliche an dem ganzen Verfahren.
Das Urteil wurde mir am 8. 8. 2001 zugestellt. Jetzt habe ich theoretisch die Möglichkeit, mit einem eigenen Gutachter Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.
Sascha
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