Geburtskomplikationen

Daniels Weg ins Leben



Daniel, mein Enkelsohn, wurde am 24. Januar 1996 nach einer normal verlaufenden Schwangerschaft in einer Universitätsklinik geboren. Er kam mit Atemstillstand aufgrund Sauerstoffmangel während der Geburt zur Welt. Seine Luftröhre und die Lunge waren mit Blut gefüllt. Dieses wurde abgesaugt, danach wurde er beatmet und erst jetzt, eine halbe Stunde später wurde Daniel auf der Intensivstation versorgt.


Niemand aus dieser Klinik klärte die Mutter über mögliche Folgeschäden auf. Mein Enkelsohn wurde nach vier Wochen Intensivstation entlassen und wir suchten sofort unseren Kinderarzt auf. Dieser konnte zu diesem Zeitpunkt noch keine genauen Angaben zu Daniels Gesundheitszustand und der Entwicklung, die ihm bevorsteht, machen.

Daniel entwickelte sich nicht seinem Alter entsprechend. Auf unsere Fragen nach dem Warum erhielten wir immer nur die Antwort, dass er schließlich einen schweren Start ins Leben hatte. Logisch, dass er deshalb nicht wie die anderen gesunden Kinder in seinem Alter entwickelt sei. Daniel musste zum Säuglingsturnen. Man erhoffte sich wohl damit eine Besserung seines Befindens.

Alles zog sich eineinhalb Jahre hin. Der Kinderarzt überwies ihn dann in ein Spezialzentrum. Dort wurde uns jedoch eiskalt erklärt: Daniel ist behindert, wird es bleiben und niemals etwas lernen. Wenn uns Daniel zu viel wird, dann sollen wir in einer Woche wieder kommen. Bis dahin wäre ein Heimplatz frei. Das Urteil war gefällt, ein kleiner Mensch als unbrauchbar und unheilbar eingestuft! Mir tat dies in der Seele weh, mein Herz krampfte sich zusammen. Ich als Oma habe die Pflegschaft über Daniel und wollte mich mit diesem Urteil nicht abfinden. War doch mein Enkel schließlich auch ein Mensch mit Gefühlen! Und für die Schäden während der Geburt war er am wenigsten Schuld.

Ich habe in vielen Kliniken angerufen, meine Geschichte über Daniel erzählt, bat um Hilfe, ließ mich beraten. In einem Rehabilitationszentrum für Kinder und Jungendliche habe ich endlich Ärzte gefunden, die sich mit Daniel genauer beschäftigten. Auf ihr Anraten waren wir zu einer Rehabilitationskur. Dort hatte mein Enkel sogar kleine Fortschritte gemacht. Deshalb besuchten wir diese Kur weitere zwei Male. Was hat ein Kind, das angeblich als "behindert und nicht lernfähig" eingestuft wurde durch solch ein Heilverfahren erlernt? - Daniel ist nun in der Lage seinen Kopf zu halten, seine kleinen Händchen zu bewegen. Ein Greifreflex ist da. Zum Sitzen muss er nicht mehr angeschnallt werden. Kann man über solche noch so kleinen Erfolge glücklicher sein? Ich liebe meinen Enkelsohn und werde alles tun, um seine Fortschritte zu erweitern.

Eine weitere Kur wurde leider von der LVA abgelehnt, mit der Begründung, dass Daniel später sowieso nicht am Berufsleben teilnehmen kann. Also steht ihm auch keine Kur mehr zu. Entschieden und abgestempelt von einer Behörde, die sich erlaubt, ebenfalls ein Urteil über einen Menschen zu fällen! Abgestempelt als überflüssig, zu teuer, nicht brauchbar! Dem Menschen, der solch eine Entscheidung trifft, muss es gut gehen. Obwohl notwendig, hat er sich angeblich noch nie die Mühe gemacht, sich mit dem Leben behinderter Menschen zu beschäftigen. Würde er oder würde sie das eigene Kind verstoßen, wenn es das eigene Schicksal wäre?

Ich kann nur mein Missachten darüber ausdrücken und wünsche mir, dass sich hier etwas ändert. Dass auch behinderte Menschen mit zu einer Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gehören dürfen, mit all ihren Problemen, aber auch Sehnsüchten.

Eine Oma eines behinderten Enkels



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