28.12.2006
Überlingen
Der kleine Geoffrey hat seinen Kampf verloren
VON ROLAND BURGER
Geoffrey Bernard ist tot. Der kleine Junge, der nach ärztlichen Versäumnissen bei seiner Geburt schwer behindert zur Welt kam, starb drei Tage vor Heiligabend im Alter von achteinhalb Jahren in seinem Elternhaus in Seefelden bei Uhldingen-Mühlhofen (Bodenseekreis). Seine Eltern, Claire Bernard und Manfred Maier, fanden ihn tot in seinem Bett. "Wir wissen nicht, woran er gestorben ist. Womöglich ist er nach einem epileptischen Anfall in seinem Kissen erstickt", berichtet Manfred Maier, der hörbar um Fassung ringt. Für Geoffreys Vater steht dennoch schon heute fest: Die Arbeit im "Arbeitskreis Medizingeschädigter Bundesverband e.V." wird für ihn weiter gehen. In diesem Arbeitskreis und in seinem "Privaten Netzwerk Medizingeschädigter" ist Maier aktiv, seit sein Sohn am 28.Juni 1998 das Licht der Welt erblickte.
Obwohl Geoffrey an einem Sonntag zur Welt kommt, scheint für ihn in seinem Leben nur selten die Sonne wie für andere Kinder. Sein Herz hört bei der Geburt auf zu schlagen, nachdem der Wehenschreiber wegen eines Defekts nicht einsetzbar ist und beim Einsatz der Saugglocke diese kaputt geht. Die Nabelschnur hat sich um Geoffreys Hals gewickelt und ihn stranguliert. Geoffrey wird wiederbelebt, doch durch den Mangel an Sauerstoff ist der Junge schwerstbehindert.
Seine Eltern unternehmen in den folgenden Jahren alles, um mit Geoffrey zu leben und ihm ein Leben überhaupt zu ermöglichen. Rund um die Uhr sind sie für ihr Kind da, doch die Umstände, die zur Behinderung seines Sohnes führen, lassen Manfred Maier bis heute nicht ruhen. Als Reaktion auf die Behandlungsfehler im Überlinger Krankenhaus geht er bundesweit an die Öffentlichkeit, ruft mit anderen Leidtragenden das "Private Netzwerk Medizingeschädigter" ins Leben. Darin bieten sie Hilfesuchenden kostenlose Informationen an. Das Netzwerk soll auch ein Diskussionsforum für alle Betroffenen sein und ihnen helfen, aus der Isolation herauszufinden. Im "Arbeitskreis Medizingeschädigter Bundesverband" ist Manfred Maier zweiter Vorsitzender - und will es bleiben. Denn über die vergangenen Jahre wurde klar, das Geoffrey und seine Eltern keine Einzelfälle sind: Überall in Deutschland kämpfen Eltern und Angehörige Medizingeschädigter mit ihrer eigenen Situation, mit dem Verhalten von Behörden und Gerichten und mit der Belastung, einen geliebten Menschen in ständiger Fürsorge zu betreuen. Beweis dafür sind nicht zuletzt die Einträge von Besuchern auf Manfred Maiers Homepage nach Geoffreys Tod: "Ich bin auch Mutter einer - durch Ärztepfusch - von Geburt an querschnittsgelähmten Tochter, 15 Jahre. Ich weine mit Euch - obwohl ich vom vielen Weinen in all den Jahren fast keine Tränen mehr habe."
Roland Burger
Informationen im Netz:
www.geoffrey-mike.de
www.akmg.de